Berliner Morgenpost

8. Juni 2025

Dichte Wälder, sanfte Höhen und deftige Küche

– im Südwesten Baden-Württembergs kommen Naturliebhaber und Genießer auf ihre Kosten


Wandern macht Appetit – gut, dass das leibliche Wohl auf dem 15 Kilometer langen Harmersbacher Vesperweg im mittleren Schwarzwald nicht zu kurz kommt. Im Hofladen des Donissi-Hofs ersteht unsere Reisegruppe Brotzeitpäckchen mit selbst gemachter Schwarzwurst und Schinken. Dann führt der Weg sanft bergan. Zwischendurch laden Holzkunstwerke wie die 35 Meter lange Vesperbank aus dem Stamm einer Weißtanne zum Verweilen und, klar, zum Schlemmen ein. In den Baumstamm wurden verschiedene Sitzmöglichkeiten eingearbeitet, sodass hier nicht nur die Aussicht ins Tal, sondern auch die erste Stärkung genossen werden kann.

Der Schwarzwald ist ein Paradies für Wanderer: 160 Kilometer lang, bis zu 60 Kilometer breit, Wälder im Norden, Fernblicke bis in die Alpen im Süden. Ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter: Im Schwarzwald sind das ganze Jahr über Wanderungen möglich. Über 24.000 Kilometer bestens markierte Wanderwege machen die Region zu Deutschlands vielleicht schönstem Wanderrevier. Festes Schuhwerk und Wanderstöcke sind freilich stets empfehlenswert.

„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ – Johann Wolfgang von Goethe, Dichterfürst

Doch zurück zum Vesperweg. Durstige Wanderer finden am Weg gegen einen kleinen Obolus Wasser – oder einen Obstbrand von den umliegenden Höfen, serviert mal im ausgehöhlten Baumstamm, mal gekühlt in einem Brunnen. Wir steigen zum Harkhof ab, gerade noch rechtzeitig, bevor ein Gewitter losbricht. Bei köstlichem Landcafé-Kuchen und Kaffee kein Problem.

Geschichten vom Waldgeist Moospfaff

Am nächsten Tag ist eine gute Grundlage gefragt. Deshalb stärken wir uns morgens auf dem Haashof oberhalb des Örtchens Nordrach bei der herzlichen Bäuerin Antonia mit selbst gebackenem Brot, hausgemachter Wurst, Bibiliskäs (Frischkäse) und Marmeladen. Die Eier durften wir selbst in ihrem „Hühnerhisli“ sammeln.

Auf dem 20 Kilometer langen Obstbrennerweg ist Bäuerin Zetzel, im wahren Leben Michaela Neuberger vom Nordracher Tourismus-Team, eine tolle Begleitung. Sie schlüpft für Führungen in unterschiedliche Rollen, erzählt unterwegs vom Waldgeist Moospfaff und anderen Sagen. Faszinierend! Über eine Streuobstwiese geht es zum Heidenbühl-Hof.


Ein Schlückchen auf die Gesundheit

Dort präsentiert uns Martina Webering, ausgebildete Edelbrand-Sommelière, ihre ausgefallenen Obstler und Liköre. Quitte, Beeren, Kräuter – natürlich muss alles verkostet werden. „Nur für die G’sundheit“, wie Bäuerin Zetzel betont.

Im Schwarzwald hat die Herstellung von Obstler eine lange Tradition. Der Obstler, oft auch Obstbrand oder Obstwasser genannt, wird aus verschiedenen Früchten gebrannt, insbesondere Äpfel und Birnen, aber auch Zwetschgen, Mirabellen oder Kirschen. Ein berühmtes Beispiel für Obstbrand ist das Schwarzwälder Kirschwasser, das aus Waldkirschen hergestellt wird. Der Obstbrand wird aber auch gerne in der Küche verwendet, zum Beispiel in der berühmten Schwarzwälder Kirschtorte oder als Zutat in Fruchtsalaten.

Und wir? Am Abend lassen wir den Tag in einer Besenwirtschaft (ein Besen vor der Tür zeigt an, ob geöffnet ist) bei Flammkuchen und einem Bierchen ausklingen – herrlich.


Tipps und Highlights

LAGE Von Offenburg zieht sich das Kinzigtal im mittleren Schwarzwald in südöstliche Richtung. Nordrach (Obstbrennerweg) liegt 25 Kilometer östlich von Offenburg. Das Harmersbachtal (Vesperweg) bildet einen Seitenarm des Kinzigtals.


ANREISE Mit Bus und Bahn (über Offenburg und Hausach) z. B. nach Wolfach (Kinzigtal). Von dort fahren Regionalbusse und -bahnen weiter. Oder www.bahn.de


GÄSTEKARTE Die KONUS-Gästekarte gilt als Freifahrt-Ticket für Busse und Regional-Bahnen in der Region Schwarzwald. Erhältlich bei rund 9000 Gastgebern.

www.schwarzwald-tourismus.info


IDYLLISCH Versteckt hinter sanft geschwungenen Hügeln liegen Höfe, auf denen oft eine herzhafte Vesper serviert wird.


WAHRZEICHEN Der Storchenturm in Zell am Harmersbach ist knapp 700 Jahre alt und beherbergt ein spannendes Museum.


NATURNAH Auf gut ausgeschilderten Wegen können Wanderer den Schwarzwald erkunden.


HOCHPROZENTIGES Auf dem Oberharmersbacher Vesperweg kann man sich unterwegs mit einem selbst gebrannten Schnaps stärken.


CREMIG Mal nicht Schwarzwälder Kirsch: Angelehnt an eine Sage, entwickelte der Konditor Egbert Laifer aus Nordrach die Moospfaff-Torte. Die Kalorien kann man ja beim Wandern wieder loswerden.


TYPISCH Im Hotel The Moosbach Garden bei Nordrach kann man übernachten und in dem herrlichen Garten entspannen.